In den Weihnachtstagen haben bestimmt auch wieder einige der Kleinsten ihr erstes Märchenbuch bekommen und Eltern erschrocken dreingeblickt wie grausam manche Märchen doch sind. So grausam hatten wir diese gar nicht in Erinnerung. Da stellt sich einigen die Frage, ob wir Kindern mit Märchen etwas Gutes tun, und ich würde sagen ja.
Sie wirken für Erwachsene grausamer als für Kinder
Natürlich müssen wir noch ein bisschen drauf achten welche Märchen wir den Kleinen erzählen, aber das müssen wir genauso bei dem was sie im TV sehen oder von uns Erwachsenen mitbekommen. Märchen regen genau wie bei uns Erwachsenen die Fantasie an und da Kinder in einem gewissen Alter noch dem Schwarz-weiß denken folgen hilft es auch die eigenen Ängste besser zu überwinden. Den Schrecken und die Grausamkeit sehen eher wir Erwachsene.
Wir können selbst mit einer kurzen Information durch unser Wissen und unsere Erfahrung ein bestimmtes Bild konstruieren. Da aber selten eine Tat in allen Details geschildert ist, sondern es eher hieß die Hexe wird ins Feuer gestoßen, statt die Hexe wird ins Feuer gestoßen und ist unter qualvollen Schreien und schwersten Verbrennungen erstickt oder vor Schmerzen ohnmächtig geworden und somit am lebendigen Leib verbrannt stecken die meisten Kinder dies ohne weiter zu hinterfragen weg. Da gibt’s dann die Verknüpfung ok die Hexe war böse und wollte Hänsel fressen also schubste Gretel sie ins Feuer.
Märchen waren nichts für Kinder
Ursprünglich allerdings waren diese Geschichten nicht für Kinder gedacht, dies kam erst mit den Gebrüdern Grimm und ihren „Kinder- und Hausmärchen“ von 1812. Doch warum war das so? Die Grimms hatten diese wahnsinnige Idee diese Erzählungen wären doch die perfekte Kinderlektüre, doch ihre Geschichten waren in dieser ursprünglichen alles andere als kindgerecht. Nachdem sie drauf hingewiesen wurden entschärften diese ihre Märchen und brachten 1819 eine zweite Fassung raus.
Beispiele wie es einst in Märchen zuging
Pinocchio in der Urfassung vom Italiener Carlo Collodi
Heute ist die Grille Jimmy der Auspasser, welcher Pinocchio vor größerem Schaden bewahrt und warnend agiert. In der Unfassung war sein bester Freund die Grille Jimmy ihm aber nicht nur Aufpasser, hier ging es soweit das Pinocchio so genervt von ihm war und diesen einfach mit einem Hammer erschlagen hatte.
Sonne, Mond und Thalia von Giambattista Basiles
Der vermutete Ursprung von Dornröschen aus dem Pentameron. Hier kann man nicht von wachgeküsste sprechen. Eher vergeht sich der Prinz an der schlafenden Schönheit und vergewaltigt sie. Noch im Tiefschlaf kommen die Zwillinge auf die Welt und, hier Thalia, Dornröschen erwacht erst als ihr die Tochter den Dorn aus dem Finger saugt. Hier möchte ich nicht zu viel erzählen da es eine sehr gute Hörgeschichte von diesem Mädchen bei unserem liebsten Geschichtenweber Tandaniel gibt.
Eine Erklärung von Hans-Heino Ewers
Hier hat sich der Direktor des Instituts für Jugendbuchforschung an der Frankfurter Goethe-Universität, Hans-Heino Ewers einmal zu Wort gemeldet. Laut ihm ging es im 18 Jahrhundert nicht darum die Kinder mit Magie und Zauberei zu verzaubern, vor den Märchen der Brüder Wilhelm und Jacob Grimm erzählten Märchen eher von Liebe, Hochzeiten oder stellten drastische erotische Geschichten da.
Laut ihm ist es auch lange schon wieder an der Zeit die Märchen nicht aus den Kindergärten und Grundschulen zu verbannen, aber sie herauszuholen und selber zu lesen. Nicht versuchen sie zu analysieren was man aus ihnen lernen soll, stattdessen lauschen, lesen und sich unterhalten lassen. Märchen sollten ursprünglich nicht die Moral wegen sondern vor allem Unterhalten. Genau dazu wird es wieder Zeit sie zu machen was sie eigentlich waren Erzählungen und Geschichten für Erwachsene.